Positionspapier Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle
Der Betrieb einer qualifizierten Schuldner- und Insolvenzberatung ist in Deutschland eine Pflichtleistung der kommunalen Daseinsvorsorge. Für den Berliner Bezirk Treptow-Köpenick wird diese Aufgabe seit 1992 in hoher Qualität vom Träger offensiv´91 e.V. umgesetzt.
Wie viele Träger stehen auch wir aktuell vor erheblichen Herausforderungen. Gesetzliche Veränderungen auf europäischer und nationaler Ebene sowie die angekündigte Kürzung für die bereits jetzt überforderte Beratungsstelle verschärfen die Lage. Mit den für 2026 zur Verfügung gestellten Ressourcen muss die Beratungsstelle ihre personellen Kapazitäten weiter einschränken. Das bedeutet lange Wartezeiten auf einen Termin und steigende Belastung des Personals.
Obwohl die bundesweite Überschuldungsquote im Jahr 2024 leicht zurückgegangen ist, zeigt sich in Berlin ein gegenteiliger Trend: Die Quote ist von 10,04 % auf 10,16 % gestiegen (Creditreform SchuldnerAtlas 2024). In Treptow-Köpenick betrifft dies rund 25.000 Menschen. Bürgerinnen und Bürger, die dringend auf konkrete Hilfe angewiesen sind.
Die bevorstehende Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie (2023/2225) in nationales Recht, insbesondere die Einführung des neuen § 497a BGB, wird die Nachfrage nach Schuldnerberatung weiter steigern. Kreditgeber werden künftig verpflichtet, Kund:innen bei Zahlungsschwierigkeiten an leicht zugängliche Schuldnerberatungsdienste zu verweisen. Diese gesetzliche Vorgabe umfasst nicht nur Konsumentenkredite, sondern ausdrücklich auch Dispositions- und Immobilienkredite.
Die Konsequenz ist eindeutig: Alle Beratungsstellen in Berlin stehen vor einem sprunghaften Anstieg an Ratsuchenden, die schnelle und qualifizierte Beratung benötigen. Besonders bei drohendem Wohnraumverlust durch Kündigung von Immobilienkrediten ist schnelle und qualifizierte Beratung notwendig. Diese Klientel kann nicht zwei Monate auf einen Termin warten. Die Schuldner- und Insolvenzberatung benötigt deutlich erweiterte Kapazitäten, um hier wirksam und präventiv helfen zu können.
Mit der angekündigten Kürzung der Beratungsstelle für das Jahr 2026 von mehr als 10% sind zeitnahe und qualitativ hochwertige Beratungen in Treptow-Köpenick nicht mehr gesichert. Längere Wartezeiten führen zu wachsender Unzufriedenheit und treiben Ratsuchende vermehrt in die Hände gewerblicher Schuldenregulierer. Auch die Mitarbeitenden geraten durch gestiegene Anforderungen zunehmend an ihre Belastungsgrenzen – mit negativen Folgen für die Gesundheit und die Qualität der Arbeit.
Statt Kürzungen brauchen wir eine strukturelle Stärkung und Neuausrichtung der Finanzierung. Mit dem planerischen Vorgehen des Landes Berlin zur Finanzierung der Beratungsstelle wird der gesetzlich festgelegte Rechtsanspruch auf eine qualifizierte Schuldner- und Insolvenzberatung Schritt für Schritt ausgehöhlt!
Wir fordern daher: 1. Eine auskömmliche, verlässliche und dynamisch anpassbare Finanzierung der Schuldnerberatung, die den wachsenden gesetzlichen Anforderungen und dem steigenden Beratungsbedarf auch tatsächlich gerecht wird.
2. Eine stärkere Einbindung der Kreditwirtschaft in die Finanzierung, wenn diese gesetzlich verpflichtet wird, Ratsuchende an uns zu verweisen.
3. Eine Initiative zur Qualitäts- und Strukturentwicklung der Beratungslandschaft, um Beratungskapazitäten gezielt auszubauen und Fachkräfte zu sichern.
Wir appellieren eindringlich an die politischen Entscheidungsträger: Ignorieren Sie die drohende Überlastung unseres Systems nicht länger. Schuldnerberatung ist Daseinsvorsorge. Wer hier spart, zahlt an anderer Stelle – sozial, wirtschaftlich und menschlich – den vielfachen Preis.
Positionspapier Mobile Stadtteilarbeit: Eine bewährte Säule sozialer Infrastruktur in Berlin.
Der Senat kürzt das Landesprogramm „Mobile Stadtteilarbeit“ drastisch
Mit der Veröffentlichung der Vorlage zur Beschlussfassung zum Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2026 und 2027 wurden die drastischen Kürzungen im Landesprogramm „Mobile Stadtteilarbeit“ bekannt.
Das Landesprogramm „Mobile Stadtteilarbeit“ konnte im Förderjahr 2025 mit rund 3.000.000€ 24 Projekte mit multiprofessionellen Teams in den Sozialräumen Berlins realisieren. Hinzu kamen 12 Projekte, welche über das „Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren“ (IFP STZ) gefördert werden. Ab 2026 stehen im Landesprogramm „Mobile Stadtteilarbeit“ nur noch 706.000€ zur Verfügung. Das bedeutet, 18 Projekte müssen zum 01.01.2026 eingestellt werden!
Dies ist sowohl vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Herausforderungen in Berlin als auch den nachgewiesenen Wirkungen für das Engagement in den Kiezen nicht hinnehmbar. Diese drastische Kürzung im Doppelhaushalt 2026/2027 gefährdet die gewachsenen Strukturen massiv – und ignoriert die belegten, präventiven Wirkungen für die Berliner Stadtgesellschaft.
Was Mobile Stadtteilarbeit bewirkt – nachweislich
Seit 2021 ist die Mobile Stadtteilarbeit ein zentraler Bestandteil der Berliner Stadtteilarbeit. Sie geht direkt in die Nachbarschaften, dorthin, wo Menschen leben, die von anderen Angeboten kaum erreicht werden. Die mobilen Teams wirken mit rund 100 Fachkräften berlinweit in 37 Sozialräumen. Was als Pandemiehilfe begann, ist längst unverzichtbare Ergänzung zur Arbeit der Stadtteilzentren in den Kiezen.
Erreichen der „Schwer-Erreichten“: Ältere, Alleinerziehende, Menschen in Armut, mit psychischen Belastungen oder mit Sprachbarrieren – sie alle finden im öffentlichen Raum einen ersten Zugang.
Prävention statt Reparatur: Ob Einsamkeit, Radikalisierung oder Nachbarschaftskonflikte – durch niederschwellige Gespräche, Fokusgruppen, Aktionen und Verweisberatung werden Risiken früh erkannt und bearbeitet.
Solidarität fördern: Mobile Stadtteilarbeit schafft Verbindung zwischen Gruppen, Generationen und Lebensrealitäten – gegen soziale Spaltung. Durch gemeinsames Handeln im Kiez entstehen neue Formen des Miteinanders und Verantwortungsübernahme – jenseits institutioneller Grenzen.
Demokratie stärken: Menschen erleben Selbstwirksamkeit im eigenen Kiez. Durch Beteiligung an Nachbarschaftsprojekten wächst ihr Vertrauen in Staatlichkeit und Gesellschaft.
Kürzungen gefährden den sozialen Zusammenhalt
Mobile Stadtteilarbeit ist oft der erste und einzige Kontaktpunkt für Menschen, die sonst keine Zugänge zu institutionellen Angeboten finden: einsame Ältere, psychisch belastete Menschen, überforderte Eltern, Zugewanderte mit Sprachbarrieren oder Menschen ohne Vertrauen in die Politik. Wenn mobile Präsenz und Beziehungskontinuität wegfallen, geht dieser Zugang verloren – mit gravierenden Folgen:
Vertrauen geht verloren: Viele Nachbarinnen und Nachbarn haben sich durch regelmäßige Präsenz der mobilen Teams erstmals wieder an Unterstützung gewagt. Der plötzliche Rückzug durch Streichung von mobilen Teams wird als Abkehr des Sozialstaats empfunden.
Engagement bricht weg: Fokusgruppen, Kiezinitiativen oder Selbsthilfeformate benötigen kontinuierlich Ansprechpersonen und Moderation. Ohne Begleitung durch die mobilen Teams verlaufen sie im Sande.
Zugangswege in Stadtteilzentren und Selbsthilfe fallen weg: Die Mobilen Teams bauen Brücken zwischen Menschen und Einrichtungen wie Stadtteilzentren. Sie erklären, begleiten, motivieren – und senken Schwellen. Ohne diese aufsuchende Arbeit im Quartier bleiben viele außen vor.
Prävention wird ersetzt durch Krisenintervention: Was mobile Arbeit frühzeitig aufnimmt – Konflikte, Isolation, Radikalisierung – droht ohne sie zu eskalieren und in kostenintensiven Hilfeformen zu landen.
Stadtteilarbeit ist Infrastruktur – keine Projektidee
Die Mobile Stadtteilarbeit ist kein Modellversuch mehr – sie ist in der Stadt verankert. Sie erweitert die „Komm-Struktur“ der Stadtteilzentren um aufsuchende Ansätze und ist damit systemrelevant für eine resiliente Stadt. Jetzt zu kürzen, hieße, funktionierende Strukturen mutwillig zu zerstören – obwohl sie vielfältig erprobt, wissenschaftlich analysiert und gesamtstädtisch anerkannt sind.
Unsere Forderungen
Erhalt der Mittel in voller Höhe im Landesprogramm „Mobile Stadtteilarbeit“ über den Doppelhaushalt 2026/27 hinaus.
Verlässliche Verstetigung als struktureller Bestandteil im Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren (IFP STZ).
Keine Verlagerung auf Kernteams: Die Mobile Stadtteilarbeit muss eigenständig finanziert bleiben, da sie über die Kapazitäten der regulären Stadtteilzentren hinausgeht.
Weiterentwicklung statt Rückbau: Ausbau und langfristige Sicherung der Mobilen Stadtteilarbeit in allen 58 Berliner Prognoseräumen.
Mobile Stadtteilarbeit ist Teil der sozialen Daseinsvorsorge. Sie ist Ausdruck sozialer Demokratie im Alltag – sichtbar, wirksam, menschlich. In Zeiten zunehmender Unsicherheit braucht Berlin mehr davon – nicht weniger.
Die LIGA Kooperationspartner im Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren und der Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. LV Berlin fordern das Land Berlin auf: Investieren Sie in stabile Nachbarschaften! Für ein soziales, demokratisches Berlin.
Für die LIGA Kooperationspartner im Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren:
Anne Jeglinski
Der Paritätische Wohlfahrtsverband
Landesverband Berlin e.V.
gstb@paritaet-berlin.de
Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. – Landesverband Berlin
Mit verschiedenen Projekten trägt offensiv’91 e.V. dazu bei, dass das Ankommen und die soziale Teilhabe von Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung in Treptow-Köpenick gelingt. Dazu schafft der Verein Beratungs- und Begegnungsorte.
Die Angebote der Projekte bringen in verschiedenen Formaten Nachbar*innen unterschiedlicher Herkünfte zusammen und stärken Räume des Austauschs – für die Förderung einer pluralen Gesellschaft, in der sich alle Menschen auf Augenhöhe begegnen und gleichermaßen teilhaben können.
Gemeinsam Informieren
Gemeinsame Sprachcafés
Community Events
Schuldner- und Insolvenzberatung
Schuldner-Beratung bedeutet:
Wir beraten Menschen, die Schulden haben.
Schulden bedeutet:
Die haben mehr Geld ausgegeben als sie besitzen.
Beispiel:
Sie haben zu viel im Internet oder Katalog bestellt
Sie können eine Miete oder Strom mehr bezahlen.
Zur Schuldner-Beratung können kommen:
Menschen aus dem Bezirk Treptow-Köpenick
Die Beratung ist kostenlos.
Sie müssen vorher einen Termin ausmachen.
Sie müssen selbst mithelfen, das Problem zu lösen.
Um von uns eine Bescheinigung nach § 850 k ZPO für das P-Konto zu erhalten, ist es notwendig, dass der/die Ratsuchende einen Antrag ausfüllt und die dort aufgeführten Nachweise im Original vorlegt